„Die Nacht im Glanz“: Jeannine Platz porträtiert Mond über Rügen
Die Hamburger Künstlerin Jeannine Platz hat in den vergangenen 22 Monaten regelmäßig den Vollmond auf Rügen porträtiert. Am Sonnabend und Sonntag sind ihre Bilder in der Barlach Halle K zu sehen. „Die Nacht im Glanz“ heißt die Ausstellung.
„Ich bin sehr kreativ, wenn Vollmond ist“, sagt Jeannine Platz, „aber auch bei Neumond und bei abnehmendem und zunehmendem Mond. Also der Mond begleitet mich.“ Die Hamburger Künstlerin ist ein norddeutsches Energiebündel, fast rund um die Uhr kreativ in verschiedenen künstlerischen Bereichen.
Sie war Schauspielerin am Ohnsorg Theater – heute malt und kalligrafiert sie hauptsächlich – und das erfolgreich. Chanel, Louis Vuitton und Montblanc gehören zu ihren Kunden. Ihre Projekte sind um die Welt gezogen, wortwörtlich, wie die Suite Views – weltweite Hotel-Ausblicke auf Leinwand oder ein bemalter Schiffscontainer, der ein Jahr um den Globus gefahren ist. Nun also der Mond über Rügen.
Mondporträts von „Ort außerhalb der Zeit“
„Der Platz, wo ich war, ist schon magisch an sich“, erzählt Jeannine Platz. Fast zwei Jahre ist sie zu jedem Vollmond nach Rügen gefahten – auf das Gut Lebbin, ein privates Natur Resort im Norden der Ostsee-Insel am westlichen Ufer des Jasmunder Boddens.
Ein verstecktes Kleinod auf der Ferieninsel, oder wie Jeannine Platz es nennt: „Ein Ort außerhalb der Zeit. Und das habe ich empfunden, als ich dahin kam. Da dachte ich: Wow! Das ist magisch, auch wenn der Mond noch gar nicht da ist, aber wenn er kommt, dann ist es noch heftiger. Man steht da und er spiegelt sich in dem Bodden. Plötzlich ist alles weiß, es glitzert, es funkelt, es scheint, es ist sehr, sehr mystisch.“
Gemälde erinnern an William Turner oder Caspar David Friedrich
Und so sind auch ihre Gemälde – oft im Großformat. Da wabert das dunkle Wasser des Boddens mit zarten Lichtkrönchen unter einem mächtigen Himmel mit wild-ziehenden Wolkenformationen, die von einem hell-strahlendem Mond, wie von einem Theater-Spot, angeleuchtet werden. Oder da scheint ein Abendhimmel im Farbrausch und unter ihm das Wasser, mit einer Decke aus Licht zugedeckt.
Das erinnert an große Meister wie William Turner oder Caspar David Friedrich. Man spürt in den Bildern den Wind, hört die Wellen klatschen und die Natur atmen. Was sich romantisch anhört, hat sich während des Entstehungsprozesses nicht immer so angefühlt, erzählt sie: „Es war eigentlich immer kalt, weil nachts ist es ja immer feucht und kalt – und ich habe immer – auch im Sommer – einen Schneeanzug angehabt.“
Dunkler Ausstellungsraum mit Kerzen und Mond
Planen ließen sich diese Nächte nicht. Die Natur hat ihre eigenen Gesetze. Und so bleiben von den 22 Vollmond-Nächten bei der Künstlerin einige besonders in Erinnerung: „Die erste Nacht war im September 2022 und ich habe gewartet und gewartet – und er kam nicht. Er kam erst ganz spät in der Nacht, so diffus hinter den Wolken hervor und hat mir seine Geschichten erzählt und die habe ich eingefangen.“
Der Dunkelheit beim Malen begegnet die Malerin mit Kerzen oder kleinen Lampen, obwohl sie Kunstlicht eigentlich nicht schätzt und im Alltag immer bei Tageslicht malt – mit ihren Händen ohne Pinsel. Diese Stimmung will die Künstlerin auch in der Ausstellung transportieren. Kerzenständer sind aufgestellt und ein riesiger Mond erwartet die Besucher: „Ich hab mir vorgestellt, dass es ganz mystisch wird. Dass es eigentlich ein dunkler Raum wird mit Sternenhimmel und dass die Bilder beleuchtet werden, so Spot-artig, als würde man denken, man ist mitten in der Nacht.“
Matthias Heller